Captain Gips – 20.000 Meilen unter dem Yeah (Review)

Captain Gips – 20000 Meilen unter dem Yeah Cover

Captain Gips ist so weit davon entfernt, ein Newcomer zu sein, wie Justin Bieber davon, einen Klassiker zu schreiben. Immerhin macht Herr Gips seit Mitte der 90er Musik. Trotzdem könnte sein drittes Album „20.000 Meilen unter dem Yeah“ für viele Hörer die erste Gips-Veröffentlichung sein, die es auf ihren Radar schafft.

Beim Durchhören des Albums merkt man es schnell: Der Captain ist anti. Anti Konformismus, anti hirnlos, anti Trend. Letzteres hört man auch Captain Gips‘ Raptechnik an. Wie-Vergleiche und den Reim schön ans Strophenende? Kann er. Und macht er auch. Obwohl junge Raphörer heute eher an ein anderes Songwriting gewöhnt sind. Aber die dürften auch nicht Captain Gips‘ Zielgruppe sein. So er sie denn überhaupt hat, wird sie sich wohl eher in Trueschool-Referenzen und den politischen Inhalten des Albums wiederfinden.

Und die gibt es zuhauf. Gips‘ ist es zu deutsch in „Kaltland“, trotzdem ist seine Musik kein Agithop, der bei Straßenschlachten durchs Megaphon ballert, auch wenn die Texte im Kern fast immer politisch sind. Man kann die Hamburger Hafenstraße in vielen Zeilen raushören, aber eher die der post-Besetzerzeit. Gips ist da offenbar mehr bei seinem Labelkollegen Kobito, als bei seinem Neonschwarz-Kompagnon Johnny Mauser. Da ist es nur mittelweit her geholt, dass die Attitude des Albums an die frühen Beginner erinnert, die auf „Gutes Gewissen“ zitiert werden. Überhaupt Hamburg. Seine Herkunft aus der Hansestadt hört man Gips nicht nur im Vornamen an. So wird man auf „komm zu mir“ auch dank des B-Low Gastbeitrags ins Eimsbush Basement zurückversetzt.

Dass die guten alten Skills bei Captain Gips vorhanden sind, wäre geklärt. Obendrauf kann Gips aber auch noch sein Gefühl für im besten Sinne des Wortes poppige Melodien ausspielen und sie auf weiten Strecken des Albums mit den sozialkritischen Inhalten verbinden. Ziemlich deutlich wird das zum Beispiel auf „Dance in the rain“ auf dem die wunderbare (Befangenheitsvorwurf bitte hier einfügen) Ira Atari die Hook übernimmt.

Insgesamt stößt Captain Gips auf 20.000 Meilen unter dem Yeah viele verschiedene Themen an, wobei besonders die persönlichen, wie zum Beispiel „Lil‘ Captain“, in dem es um seinen Sohn geht, gelungen sind. Captain Gips öffnet sein Herz auf diesem Album, das es verdient hat, dass man ihm sein Ohr öffnet.

Captain Gips – 20.000 Meilen unter dem Yeah erscheint am 20.11 über Audiolith (Finetunes/BrokenSilence)

Tracklist

01. Faust In Der Tasche
02. 20.000 Meilen Unter dem Yeah
03. Gutes Gewissen
04. Ohne Euch
05. Hug Life
06. Dance In The Rain (Feat. Ira Atari)
07. Lil’ Captain
08. Sandkastenbusiness (Feat. Kolya)
09. Komm Zu Mir (Feat. B-Low / Digger Dance)
10. Kaltland
11. Fernweh (Feat. Marie Curry)
12. Sonne Auf Bauch
13. Alles Richtig

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Wenn Tim nicht gerade hier ist, schreibt er für ein großes Hasen-Magazin, das natürlich hauptsächlich wegen der tollen Texte gelesen wird.

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